Heutzutage werden meist Kata, Randori und Shiai als die drei Methoden
des Kōdōkan-Jūdō genannt. Dies entspricht jedoch nicht ganz
dem Konzept Jigorō KANōs, denn einerseits war der Wettkampf (Shiai)
nichts anderes als eine Sonderform des Randori und andererseits
war die verbale Instruktion, also die Vermittlung durch Sprache, eine
seiner Hauptmethoden.

Jigoro
KANō unterschied zwei grundsätzliche Formen verbaler Instruktion:

KOGI -> den Vortrag
MONDO -> das Lehrgespräch

Vorträge wurden zu KANOs Zeit nicht nur sporadisch innerhalb von Übungsstunden gehalten, sondern waren fester Teil des Curriculums des Kōdōkan. Die Themen der Vorträge waren überaus vielfältig. Sie waren zum Teil unmittelbar auf das Verstehen von Jūdō-Techniken bezogen, teilweise wurde aber auch über allgemeine Fragen der Lebensgestaltung referiert.

Hebelgesetze, Gleichgewicht, Physiologie, Anatomie - die physikalischen und biologischen Grundlagen, auf denen die Funktion der Techniken beruht, sollten zum besseren Verständnis der Techniken „en passant“ mit vermittelt werden. Damit wurde Jūdō nicht nur zu einem Gegenstand theoretischer Betrachtungen, sondern gleichzeitig auch zu einem Anlass für die Vermittlung naturwissenschaftlicher Sachverhalte. KANō war davon überzeugt, dass dieses Vorgehen zu einem schnelleren Lernfortschritt sowohl in Theorie wie auch in der Praxis führt. Mit dieser Haltung setzte er sich deutlich von den traditionellen Lehrmethoden des Jūjutsu ab.

Ein Vortrag ist aber eine „verbale Einbahnstraße“.
Aus diesem
Grund führte KANō auch das Lehrgespräch (Mondō) als Methode des Kōdōkan-Jūdō ein.

Die Lehrer waren daher angehalten, ihren Schülern Fragen zu stellen, um sich zu vergewissern, dass sie das Vermittelte auch wirklich verstanden hatten. Inwieweit KANō bereits daran dachte, dass der Vorgang der Verbalisierung von komplexen Sachverhalten allein schon zu einem besseren Verständnis führen kann, ist nicht bekannt. Verwunderlich wäre es jedoch nicht, da er ein ausgewiesener Experte in pädagogischen Fragen war .

Auf der anderen Seite sollten die Schüler - was einer Revolution in den Kampfkünsten gleichkam - nicht nur Fragen beantworten, sondern auch die Möglichkeit haben, ihren Lehrern Fragen aller Art zu stellen, die diese dann zu beantworten hatten.

Die Lernenden waren also permanent aufgefordert, sich ihre eigenen Gedanken zu machen und im wahrsten Sinne des Wortes Jūdō zu studieren. Aber nicht nur das Erlernen der Techniken sollte durch Kōgi und Mondō verbessert werden. Einer der wesentlichen Ziele des Kōdōkan lag schließlich von Beginn an in der geistig-moralisch-intellektuellen Schulung, deren Bedeutung KANō immer wieder bekräftigte.

         Für den Beitrag zu "KOGI und MOGI":                                   Quelle: "der budoka" 3/2011
"Grundwissen der Geschichte des Kodokan-Judo in Japan" von Wolfgang Dax-Romswinkel